Ausstellung "Bewegte Zeiten: Frankfurt in den 1960er Jahren"

Kennedy, Jimi Hendrix, Eintracht, Familie Hesselbach, Proteste und die neue U-Bahn

redaktioneller Beitrag von Klaus Leitzbach und Michael Manig 03. Februar 2020

Kurator Dr. Markus Häfner beim Pressepreview © frankfurtmedien.de / Klaus Leitzbach
Kurator Dr. Markus Häfner beim Pressepreview © frankfurtmedien.de / Klaus Leitzbach

 

Ab Dienstag, 4. Februar, zeigt das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main die Ausstellung „Bewegte Zeiten: Frankfurt in den 1960er Jahren“. Die von Markus Häfner, Leiter der Abteilung Public Relations im Institut für Stadtgeschichte, kuratierte Schau zeichnet mit Fotos, Dokumenten, Filmen und Objekten aus den Archivbeständen ein facettenreiches Bild dieses bewegten Jahrzehnts in Frankfurt nach. Sie ist bis zum 8. November im Karmeliterkloster, Münzgasse 9, zu sehen.

 

„Der Titel der Ausstellung wurde nicht grundlos gewählt“, sagte Häfner beim Pressepreview am heutigen Montag: „Die Stadt befand sich im Aufbruch, alles schien in Bewegung. Die Frankfurterinnen und Frankfurter protestierten für die 40-Stunden-Woche und eine bessere Bezahlung, sie setzten sich ein für Rüstungskontrolle, Frieden und Abrüstung, gegen die Pläne zur Notstandsgesetzverfassung und gegen die Bildungsmisere mit ihren als verkrustet empfundenen Strukturen an Universitäten und in Schulen.“ Die Protestbewegungen kulminierten in der „68er“-Bewegung und den Forderungen nach einem radikalen gesellschaftlichen Umbruch.

 

Den Besucher erwartet eine Ausstellung die insgesamt 25 Erreignisse der Zeitepoche der 60ziger Jahre thematisiert. Interessant ist die Zusammenstellung auf Schautafeln und Vitrinen: Die Ausstellung ist nicht nach dem jeweiligen Jahr des Ereignisses gegliedert, sondern nach Themen. Auf zahlreichen Schautafeln und in Glasvitrinen werden Themen wie Politik, Sport, Kultur und Wirtschaft präsentiert.

Im Ausstellungsraum werden so zum Beispiel Themen dokumentiert, wie die das Konzertplakat von Jimi Hendrix, Flyer, Plakate und Flugblätter der Ostermarsch-Bewegung (1966-1968), die Blockade der Societäts-Druckerei am 15. April 1968 oder den Frankfurt-Besuch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy. An Medienstationen in der Mitte des Ausstellungsraums lässt sich das Jahrzehnt mit verschiedenen Filmausschnitten und Dokumentationen über den Kennedybesuch, den U-Bahnbau, politische und kulturelle Ereignisse auch in bewegten Bildern erleben.

 


Begleitpublikation

Bewegte Zeiten Frankfurt in den 1960er Jahren © frankfurtmedien.de / Klaus Leitzbach
© frankfurtmedien.de / Klaus Leitzbach

 

Passend zur Ausstellung ist im Societäts-Verlag die von Markus Häfner verfasste Begleit-publikation „Bewegte Zeiten: Frankfurt in den 1960er Jahren“ mit 192 Seiten und über 110 Abbildungen erschienen.

 

Das Begleitbuch bildet nicht nur die Inhalte der Ausstellung ab, sondern ergänzt sie um zusätzliche Abbildungen und Objektbilder, eine Chronik und acht vertiefende Schlaglichter. Die Publikation wurde von Evelyn Brockhoff, Leitende Direktorin des Instituts für Stadtgeschichte, in der Reihe „Kleine Schriften des Instituts für Stadtgeschichte“ herausgegeben und ist im Institut für Stadtgeschichte, über den Webshop des Societäts-Verlags und im Buchhandel für 18 Euro erhältlich (ISBN 978-3-95542-375-9).


Kurator Häfner betont: „Die 1960er Jahre prägten in Frankfurt weit mehr als die im kollektiven Gedächtnis verankerten Protestbewegungen“, so Häfner. Sport, Popmusik und Kennedys Besuch bewegten die Massen. Farbfernsehen und Werbung, steigende Löhne und Massenproduktion sorgten für neue Freizeit- und Konsummuster. Die realisierten Großbauprojekte Nordweststadt und U-Bahn bestimmen bis heute das Stadtbild, so Häfner weiter.

 

Den weiten Themenbogen, den die Ausstellung der 1960er Jahre spannt, wird an folgendem Beispiel deutlich: Ein Themenkomplex ist der Lebenswirklichkeit der Gastarbeiter gewidmet, die von 1960 an wegen der boomenden Wirtschaft aus Südeuropa nach Frankfurt kamen, ein anderer thematisiert den Umgang mit der NS-Vergangenheit, der nicht nur in Frankfurt, sondern bundesweit zu einem öffentlichen Diskurs führte.

 

Bilderstrecke zur Ausstellung Bewegte Zeiten

Bilder: © frankfurtmedien.de

 

Die Frankfurter Auschwitz-Prozesse, stellen eine Kehrtwende der deutschen Justiz bezüglich ihrer Vergangenheitsbewältigung da. Generalstaatsanwalt Fritz Bauer trieb die Aufarbeitung der NS-Verbrechen maßgeblich voran und erreichte, dass Verfahren gegen Einzelpersonen vermieden, und vielmehr Tatkomplexe gebündelt vor dem Frankfurter Landgericht verhandelt wurden. Diese unterschiedlichen Themen sorgen für eine facettenreiche Ausstellung, so Häfner. 

 

 

© frankfurtmedien.de / Michael Manig
© frankfurtmedien.de / Michael Manig

 

Franziska Kiermeier, Leiterin der Abteilung Zeitgeschichte und Gedenken im Institut für Stadtgeschichte, die in Vertretung der Institutsleiterin Evelyn Brockhoff an dem Pressepreview teilnahm, wies darauf hin: „Begleitpublikation und Ausstellung wollen zur eigenen Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte anregen und Einblicke in die Vielfalt des Archivguts bieten“. Daher zeigt das Institut aus seinen eigenen Beständen zahlreiche Objekte: Wahlwerbung der Parteien, Papiermodelle und Erinnerungsstücke an die U-Bahn-Eröffnung, Theaterprogramme, Flyer, Aufkleber und Flugblätter gegen den Vietnamkrieg und die Notstandsgesetzgebung sowie Gesellschaftsspiele, Kataloge und Produktwerbung.

 

An einer Lesestation finden die Besucher ausgewählte Archivalien aus den Beständen des Instituts für Stadtgeschichte, um die Themen der Ausstellung selbst zu vertiefen.

 

Der Eintritt in die Ausstellung ist frei. Sie ist regulär montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Bis 19. April ist sie an den Wochenendtagen schon ab 10 Uhr und mittwochs bis 20 Uhr geöffnet.

 

Die Öffnungszeiten an Feiertagen sind auf der Website des Instituts für Stadtgeschichte zu finden (siehe unten Hintergrundinfos). (kl) 

 

© frankfurtmedien.de / Michael Manig
© frankfurtmedien.de / Michael Manig

Hintergrundinfos:

Begleitprogramm zur Ausstellung

 

Ein vom Institut für Stadtgeschichte veranstaltetes Begleitprogramm mit Vorträgen, Erzählformaten, Führungen, archivpädagogischen Angeboten und Sonderveranstaltungen vertieft Einzelaspekte der Ausstellung. Den Auftakt der Vortragsreihe bildet am Montag, 17. Februar, der Vortrag „Frankfurts Stadtbild im Wandel: Bauen für Kultur, Arbeiten und Wohnen“ von Kurator Markus Häfner. Am Montag, 16. März, berichtet Ernst Karpf über „‚Gast‘-Arbeit: Ein Migrationsexperiment mit unerwartetem Ausgang“. Am 25. Mai folgt Katharina Rauschenbergers Blick auf die NS-Prozesse in Frankfurt, am 22. Juni ein Vortrag von Bernd Messinger über die „68er“ in Frankfurt. Am 14. September gibt Volker Rebell einen Einblick in die Frankfurter Musikszene in den 1960er Jahren. Am 5. Oktober schließt Frank Nagel die Vortragsreihe mit dem Rückblick auf den Bau der Frankfurter U-Bahn ab. Die Vorträge beginnen jeweils um 18 Uhr im Dormitorium und kosten vier Euro, ermäßigt drei Euro.

 

Zur Ausstellung werden neun regelmäßige Führungen angeboten, die sechs Euro, ermäßigt drei Euro, kosten. Die Termine finden sich im Programmheft und auf der Webseite. Es besteht auch die Möglichkeit individuell gebuchter Führungen.

 

Blick in den Ausstellungsraum mit Medienstationen © frankfurtmedien.de / Michael Manig
Blick in den Ausstellungsraum mit Medienstationen © frankfurtmedien.de / Michael Manig

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