redaktioneller Beitrag von Klaus Leitzbach veröffentlicht am 17. Mai 2023
Seit 1995 verlegt der Künstler Gunter Demnig
in deutschen Städten vor Wohnhäusern Pflastersteine mit Namensnennungen, die an vom NS-Regime ermordete oder vertriebene Menschen erinnern, indem sie die Passanten „zum Stolpern bringen“.
In Frankfurt am Main sind seit 2003 inzwischen über 1.800 solcher Steine installiert worden, die Koordination hat die Initiative Stolpersteine Frankfurt. Zu den Opfergruppen der Nationalsozialisten gehören auch die Zeugen Jehovas. Eine von ihnen war Rosa Hägele aus Frankfurt. Sie gehörte zu den vielen aus Frankfurt verschleppten Zeugen Jehovas, die im ganzen Deutschen Reich inhaftiert waren. Nach dem Krieg konnte sie nach Frankfurt zurückkehren, wo sie bis zu ihrem Tod in der Habsburger Allee lebte.
" Viele der aus Frankfurt verschleppten Zeugen Jehovas, die im ganzen Deutschen Reich inhaftiert waren, konnten Ende des Krieges in ihre Heimat zurückkehren. "
Erst nach dem Ende des Krieges, am 2. September 1945 traf sie wieder in Frankfurt ein. Über die Zeit danach berichtete sie: „Nach meiner Rückkehr im September 1945 war mein Gesundheitszustand so, dass ich weder als Packerin, noch als Verkäuferin tätig sein konnte. Durch Lernen und Übung ist es mir gelungen, mich in der Zeit weiterzubilden, sodass ich im April 1948 eine Stelle als Stenotypistin antreten konnte“. Diese Aussage von ihr ist auf der Website "Forschung zur Geschichte der Zeugen Jehovas in Frankfurt am Main zu lesen.
Vor ihrer Inhaftierung und Verschleppung arbeitete Rosa Hägele als Verkäuferin bei der Firma Latscha, wo sie am 31.12.1936 entlassen wurde, weil sie den Bibelforschern angehörte, wie sich Jehovas Zeugen damals nannten.
Was war der Grund für ihre Entlassung? Als überzeugte Christin weigerte sie sich die Hand zum Hitlergruß zu erheben und sie war auch nicht dazu bereit dies beim Horst-Wessel-Lied zu tun.
Nach ihrer Entlassung fand sie keine Anstellung mehr und erhielt auch keine Unterstützung. Schließlich wurde sie im Mai 1938 verhaftet, nach zwei Monaten kam sie ins KZ Lichtenburg, danach ins KZ Ravensbrück.
Ab Juli 1943 war sie bis Kriegsende in einem Außenlager, dem Gut Hartzwalde, untergebracht.
Gunter Demnig
Der Kölner Künstler Gunter Demnig will mit seinen Stolpersteinen vor allem Jugendlichen einen Zugang zur Geschichte vermitteln. "Mir ist das Interesse von jungen Menschen und Schülern wichtig. Die merken dann: Der hat ja hier bei uns gewohnt. Der war so alt wie ich. Der war vielleicht auch auf unserer Schule. Das ist dann ein ganz anderer Geschichtsunterricht."
Die Stolpersteinverlegung in der Habsburger Allee 15 war nur eine von mehreren die am Mittwoch in ganz Frankfurt stattgefunden haben. Bei der Stolpersteinverlegung In der Habsburger Allee hatten sich etwa 50 Personen eingefunden.
Die durch den Vertreter der Initiative Stolpersteine Frankfurt Martin Dill begrüßt wurden. Die Zuhörer erfuhren viel Wissenswertes zur allgemeinen Bedeutung der Stolpersteinverlegungen und auch über die lokale Organisation der Initiative Stolpersteine Frankfurt.
Im Anschluss sprach ein Vertreter der Religionsgemeinschaft der örtlichen Gemeinde der Zeugen Jehovas Bornheim und zwei Vertreter der Forschung zur Geschichte der Zeugen Jehovas in Frankfurt am Main. In ihren Worten wurde deutlich, dass die verhältnismäßig kleine Zahl der Zeugen Jehovas heftige Verfolgung ertragen mussten (Anmerkung: 8800 deutsche Zeugen Jehovas wurden inhaftiert, davon 2800 in Konzentrationslagern). Es wurde ihnen unter bestimmten Bedingungen die Entlassung aus der KZ-Haft in Aussicht gestellt. Wenn sie eine "Verpflichtungserklärung" unterschrieben und sich von ihrem Glauben losgesagten, doch nur sehr wenige taten dies. Die meisten Zeugen Jehovas blieben trotz Misshandlungen standhaft und hielten an ihrem Glauben fest, eine von ihnen war Rosa Hägele. (kl)
Stolpersteine haben eine auf der Oberseite verankerte Messingplatte, auf der die Namen und Daten von Menschen eingraviert sind, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden, aus Deutschland fliehen mussten oder die Lager überlebten. Sie werden in die Bürgersteige vor den letzten freiwilligen Wohnorten der Opfer eingelassen.